FDP-Vize Andreas Pinkwart, stellv. Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, hat sich dafür ausgeprochen, die Mehrwertsteuersenkung für Hotels rückgängig zu machen, da diese zu mehr Bürokratie führe; man könnte also meinen, Pinkwart sei treuer „Rot steht uns gut”-Leser. Auch wenn ich das nicht ausschließen möchte, halte ich es doch für wahrscheinlicher, dass er vor der NRW-Wahl Angst hat und gerne Minister bleiben möchte. Sein FDP-Kollege Volker Wissing, der sich gerade löblicherweise für den Ankauf der Daten von Steuersündern stark macht, will hingegen eine komplette Neugestaltung der Umsatzsteuer.
Die Fakten, präsentiert von der Bundeszentrale für politische Bildung:
Bereinigt um Zahlungen untereinander beliefen sich die Einnahmen der öffentlichen Haushalte (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung) im Jahr 2007 auf 1.026,8 Milliarden Euro. Das notwendige Geld zur Finanzierung ihrer Aufgaben erhalten die öffentlichen Haushalte aus Steuern, Gebühren, Beiträgen, Erlösen aus dem Verkauf von Vermögen und über Kredite. […] Die Umsatzsteuer (einschließlich Einfuhrumsatzsteuer) und die Lohnsteuer (nach Abzug des Kindergeldes) waren im Jahr 2007 mit 169,6 bzw. 131,8 Milliarden Euro die mit Abstand aufkommensstärksten Steuern – auf sie entfielen ein knappes Drittel bzw. ein Viertel aller Steuereinnahmen (31,5 bzw. 24,5 Prozent). […] Der Bund erhält 42,5 Prozent der Einkommensteuer, 50 Prozent der Körperschaftsteuer und 2007 rund 55 Prozent der Umsatzsteuer. Der Länderanteil beträgt bei der Einkommensteuer 42,5 Prozent, bei der Körperschaftsteuer 50 Prozent und bei der Umsatzsteuer 2007 rund 43 Prozent. Die Gemeinden sind mit 15 Prozent an der Einkommensteuer und mit etwa 2 Prozent an der Umsatzsteuer beteiligt.
Die Umsatzsteuer macht also einen enormen Anteil an der Finanzierung des Bundes und der Länder aus, die Gemeinden profitieren ebenfalls davon.
Unter den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7% fallen nicht nur Lebensmitteln, sondern auch so verschiedene Dinge wie „Pektinstoffe, Pektinate und Pektate”, „Sägespäne, Holzabfälle und Holzausschuss, auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepreßt”, „Briefmarken und dergleichen (z. B. Ersttagsbriefe, Ganzsachen) als Sammlungsstücke”, „Schwerhörigengeräte, Herzschrittmacher und andere Vorrichtungen zum Beheben von Funktionsschäden oder Gebrechen, zum Tragen in der Hand oder am Körper oder zum Einpflanzen in den Organismus, ausgenommen Teile und Zubehör”, „Kakaopulver ohne Zusatz von Zucker oder anderen Süßmitteln sowie Schokolade und andere kakaohaltige Lebensmittelzubereitungen” — und noch einiges mehr.
Die Mehrwertsteuer betrug bis vor wenigen Jahren 16%, bis sie dann 2005 von CDU, CSU und SPD auf 19% erhöht wurde (was ich nach wie vor für einen schweren Fehler halte).
Mitunter kommt die Forderung nach einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz auf, da dies unbürokratischer und logischer sei; diesem Argument kann man sich nur schwerlich verschließen, allerdings hätte eine solche Maßnahme meiner Meinung nach nichts mehr mit Sozialer Marktwirtschaft zu tun; denn dass Menschen mit niedrigem Einkommen von einer hohen Mehrwertsteuer auf Lebensmittel ungleich stärker getroffen werden als Menschen mit hohem Einkommen, da fast das komplette Einkommen in den Konsum fließt, dürfte relativ logisch sein.
Eine Senkung der allgemeinen Mehrwertsteuer käme einem bedeutenden Einnahmerückgang für die öffentliche Hand gleich; außerdem ist zu vermuten, dass die Bürger nicht entlastet würden, da die Unternehmen und Händler diese Senkung vermutlich nicht weitergäben.
Dass die ermäßigte Mehrwertsteuer in der jetzigen Form unlogisch ist, stimmt völlig; denn warum „Pferde einschließlich reinrassiger Zuchttiere” mit 7% besteuert werden, „Wildpferde” hingegen mit 19%, kann wirklich niemand erklären.
Klar und logisch wäre es, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz nur noch für Dinge des täglichen Bedarfs zu erheben — hier nun tut sich die Frage auf, was Dinge des täglichen Bedarfs sind. Nahrung gehört dazu, möchte man meinen — Brot soll schließlich nicht zu teuer sein. Doch was ist mit Kaviar und Hummer? Auch ein Fall für die ermäßigte Mehrwertsteuer? Ich würde sagen: ja, da auch für Geringverdiener Kaviar und Hummer bezahlbar sein soll. Wasser und Saft ist vermutlich unstrittig — ein Fall für den ermäßigten Mehrwertsteuersatz. Wodka und Whiskey hingegen müssen nicht staatlich gefördert werden; Bier ebenfalls nicht, auch wenn ich ein großer Bierfreund bin.
Guido Westerwelle hatte vor einiger Zeit gefordert, den ermäßigten Mehrwertsteuersatz auch auf Strom anzuwenden, da Energie das Brot des 21. Jahrhunderts sei; dieser Forderung kann ich mich nicht anschließen. Man soll nicht Energieverschwendung fördern, sondern Energiesparsamkeit.
Dass ausgebildete Blindenführhunde momentan unter den ermäßigten Mehrwertsteuersatz fallen, ist edel; aber es ist der falsche Weg. Zielführender wäre es bpsw., Blinden beim Erwerb von Blindenhunden eine finanzielle Beihilfe zu zahlen.
Auf diese Art und Weise sollte man den ermäßigten Mehrwertsteuersatz genau durchgehen; am besten in einer überparteilichen Initiative, um Lobbyverbänden keine Möglichkeit zu geben, eine Partei gegen die andere auszuspielen. Auch eine große Steuerreform kann vermutlich nur überparteilich erfolgen.
Hm, wenn man die Mehrwertsteuer für Übernachtungen in Hotels wieder anhebt ist das ziemlich schlecht für die kommende Tarifrunde im Hotel und Gaststättengewerbe.
Man sollte nämlich nicht vergessen das auch die Gewerkschaft Nahrung, Gaststätten und Genuß den ermäßigten Mehrwertsteuersatz gewünscht hat.
( die wurden vermutlich auch von Finck geschmiert, ;) )
Was eine große Steuerreform angeht. Da wird nie was werden, ganz besonders nicht in der jetztigen Aufgeheizten Situation.
Jeder der fordert das ein bestimmtes Gut mit dem ermäßigten MWST-Satz belegt und ein Anderes dafür mit dem vollen macht sich verdächtig unsozial zu sein.
Wie gesagt, eine große Steuerreform ist vermutlich nur überparteilich möglich; ob die Parteien dazu bereit sind, darf allerdings bezweifelt werden.
Schwierig. Meines Erachtens zeigst Du mit dieser Passage wie kompliziert — ja, gar unmöglich es ist — sinnvoll abzugrenzen, welche Güter und Dienstleistungen unter den ermäßigten Umsatzsteuersatz fallen sollten und welche eben nicht. Einen ermäßigten Satz für Kaviar und Hummer halte ich nicht für angemessen; das läuft der Intention der Regelung zuwider und öffnet das Tor für etliche, eigensinnige Argumentationsketten. Wie man sich entscheidet ist eine sehr subjektive Entscheidung — und da liegt doch das Problem.
Kaviar und Hummer sind nun einmal Nahrung; und wenn man Nahrung staatlich bevorzugen will, dann gehören Hummer und Kaviar dazu.
Das trifft bei Bier, Whiskey und Wodka zwar teilweise auch zu, aber gleichzeitig ist Alkohol eben auch ein Nervengift und sollte nicht gefördert werden.
Und, ja: das ist subjektiv. Deshalb können das nur alle Parteien gemeinsam bearbeiten.
Stimme Christian zu– *überparteilich*.
Im Übrigen einer der besten Artikel seit Wochen.
Nicht teilen kann ich den lapidaren Satz „die Kommunen sind beteiligt”-die 2% sind angesichts dessen, dass die Kommunen die ganze „grinding work” direkt vor Ort planen, durchführen und überwachen, also die Basis dafür schaffen, dass überhaupt Umsätze „passieren”, zu wenig beteiligt. Was sich seit ca. 10 Jahren leider bei immer neuen „Spar-Runden” in den Haushalts-Debatten (auch in „Käffern” wie Braunschweig, Nds.) bewahrheitet.
Es sei denn, es stünde ein System dahinter, über Sparzwänge die Kommunen dazu zu bringen, dass die sog. Privatisierung, auch über PPP, CBL und ähnlichen neoliberalen Unsinn, eine Chance erhält. Kommunale Aufgaben (analog in Ländern und Bund… EU) sind solche der Daseinsvorsorge* und das sollten sie auch bleiben– den Privaten, den mens oeonomicus, treibt nun mal der (unbedingte?) Wille zum Profit an– das können sich die oberen 10% der Bevölkerung leisten– für die restlichen 90% wird alles teurer und schlechter– doppelt bezahlt und doppelt ver*rscht :-(
*Infrastruktur, Gesundheits– und Schulsystem inkl. Kitas, öffentliche Sicherheit, Heizen, Energie-, Telekommunikations– und in gewissen Grenzen mediale und kulturelle Grundversorgung (sog. ör-Rundfunk, Staatstheater, Jugendzentren z. B.).
Dass obige Aufzählung einem Neoliberalen nicht schmeckt, weil ihm ein „Nachtwächterstaat” am liebsten wäre, sollte in der Debatte hierum nur eine humoristisch konnotierte Fußnote sein.
Oh, man müsste den Kommunen nur mehr Steuerhoheit geben, und verhindern das der Bund bestellt was die Kommunen bezahlen müssen.
Nur wäre das Zustände wie im Mutterland des Neoliberalismus, der USA.
Und das wollen die Neosozialisten in Deutschland nicht, richtig ? ;)
So gesehen ist die Ankündigung einzelner Kommunen einen Kurtaxe / Übernachtungsgebühr für Hotels zu erheben ein Schritt in die richtige Richtung…
Stichwort Kaviar:
Beim Goldsee-Shop kosten 125 g Kaviar 406 €uro.
Bei 7% Mehrwertsteuer sind das für Vater Staat 26,50.
Bei 19 & Mehrwertsteuer sind das für Vater Staat 64,80.
Ob die Dose jetzt 406 €uro oder 342 €uro kostet macht das einen Unterschied ?
Egal ob Reich oder Arm… niemand wird deswegen mehr oder weniger Kaviar essen.
(Wer natürlich regelmäßig Kaviar ist freut sich über den günstigeren Preis…)
Der kleine Luxus den sich jeder leisten kann — z.B. mal beim Feinkostladen für Sündhafte 5 €uro ein belegtes Brötchen zu essen, das mit Kaviar dekoriert ist — ist davon auch nicht betroffen.
Luxusartikel sind Luxusartikel weil sie teuer sind, 7% oder 19 % Mwst machen da keinen großen Unterschied.
Was sollte also mit dem reduzierten Satz belegt werden ?
Grundnahrungsmittel, Kinderbedarf, öffentlicher Transport und Verkehr, personalintensive Dienstleistungen (Friseur, Taxi, Gastronomie, Hotels, Handwerker… )…
Mehr gibts sicherlich auch noch…
@alrik:
„Oh, man müsste den Kommunen nur mehr Steuerhoheit geben, und verhindern das der Bund bestellt was die Kommunen bezahlen müssen.
Nur wäre das Zustände wie im Mutterland des Neoliberalismus, der USA.
Und das wollen die Neosozialisten in Deutschland nicht, richtig ? ;)„
Verstehe den „Seitenhieb” nicht– wieso soll alles, was in den USA „läuft”, schlecht sein?
Im Übrigen empfehle ich mal Grundgesetz-Lektüre– Artikel 28:
http://dejure.org/gesetze/GG/28.html — besonders den Absatz 2.
„So gesehen ist die Ankündigung einzelner Kommunen einen Kurtaxe / Übernachtungsgebühr für Hotels zu erheben ein Schritt in die richtige Richtung…„
Ja.
„Stichwort Kaviar:
Beim Goldsee-Shop kosten 125 g Kaviar 406 €uro.
Bei 7% Mehrwertsteuer sind das für Vater Staat 26,50.
Bei 19 & Mehrwertsteuer sind das für Vater Staat 64,80.
Ob die Dose jetzt 406 €uro oder 342 €uro kostet macht das einen Unterschied ?„
Das Kavier-Beispiel entbehrt nicht einer gewissen Ironie– angesichts eines Hartz4 (ALG2)-Regelsatzes von ca. 350 EUR (maximal) pro Monat.
„Egal ob Reich oder Arm… niemand wird deswegen mehr oder weniger Kaviar essen.
(Wer natürlich regelmäßig Kaviar ist freut sich über den günstigeren Preis…)„
Genau. Und um ganz partikulare Interessen sollte es dann doch nicht gehen– oder?
„Der kleine Luxus den sich jeder leisten kann – z.B. mal beim Feinkostladen für Sündhafte 5 €uro ein belegtes Brötchen zu essen, das mit Kaviar dekoriert ist – ist davon auch nicht betroffen.„
Und nun?
„Luxusartikel sind Luxusartikel weil sie teuer sind, 7% oder 19 % Mwst machen da keinen großen Unterschied.„
Tja– nur wer definiert, was „Luxusartikel” sind? Ist ein Auto mit Klimaanlage und ASR und noch mehr „three-letter-acronyms” ein „Luxus”? Oder ab 2500 qcm Hubraum? Oder mit mehr als 5 Sitzen?
„Was sollte also mit dem reduzierten Satz belegt werden ?
Grundnahrungsmittel, Kinderbedarf, öffentlicher Transport und Verkehr, personalintensive Dienstleistungen (Friseur, Taxi, Gastronomie, Hotels, Handwerker… )…
Mehr gibts sicherlich auch noch…„
Ja, dann schreibe doch mal was– sollen die anderen denn die ganze Arbeit machen? ;-)
Wer definiert was Luxusartikel sind ?
Der Käufer der dafür bereit ist ein hohen Preis zu zahlen.
Das ist natürlich die neoliberale Version.
Im Neosozialismus definiert der Staat das Kaviar ein Luxusartikel ist, der höher besteuert werden muß. Egal ob es jetzt um das Brötchen für 5 €uro geht, oder die Dose für 400 €uro.
Da diese natürlich unsozial ist, wird dann irgendwann eine Ausnahmeregel geschaffen, die festlegt das bei einem Kaviaranteil von unter X Gramm dann doch die niedrigere Steuer gilt.
Und es steht natürlich ausser Zweifel das in den USA alles schlecht ist, oder ? ;)
Immerhin sind die USA doch ein neoliberaler Nachtwächterstaat.
Gut, man kann natürlich auch sagen, dass nur Grundnahrungsmittel unter die 7% fallen sollen. Dann muss man aber genau definieren, was Grundnahrungsmittel sind. Ist auch nicht gerade einfach. :)
Die Sichtweise greift meiner Meinung nach nicht weit genug. Das Umsatzsteuersystem gewinnt seine Kompliziertheit sicher nicht bei der Frage nach dem Steuersatz, der sich in der allgemeinen Diskussion auf 7% oder 19% reduziert. Völlig unberücksichtigt bleiben die Umsatzsteuerbefreiungen (also 0%; geregelt in §4 UStG). Sind diese alle sinnvoll?
Wie gesagt geht die Fragestellung in der Praxis deutlich weiter. Was ist mit steuerfreien Lieferungen ins Drittland (Nicht-EU), mit Lieferungen ins EU-Ausland und Lieferungen aus eben diesen Ländern ins Inland? Noch schwieriger wird es bei Leistungen, bei denen keine Güter bewegt werden. Unterliegt eine Lieferung eines in den USA ansässigen Internetdienstleisters an einen deutschen Privatkunden der USt? Und wie sieht es bei einem Geschäftskunden aus? Falls die Leistung der USt unterliegt, muss sie dann das Unternehmen in den USA hier in Deutschland erklären, also eine Steuererklärung abgeben?
An diesem kleinen Beispiel lässt sich vielleicht die Komplexität erkennen. Die Frage nach 7% oder 19% ist debei relativ schnell beantwortet. Ein ermäßigter Steuersatz ist eine Subvention (wie es etliche im Steuersystem gibt). Allein bei der Ust haben wir neben den bekannten 7% auch 5,5% und 10,7%!
Die Frage nach den 7% ist eine rein politische Entscheidung und abschließend in Aufzählungen (§12 Abs. 2 + Anlage 2 UStG; Pauschaldefinitionen wie „Nahrung” gibt es hier nicht) geregelt. Man könnte den Hummer also durchaus ausnehmen.
Eine Entschärfung des UStG ist definitiv deutlich schwerer, als die Zuordnung von Liederungen und sonstigen Leistungen zu einem Steuersatz.
Ob der politsche Wille zur Aufgabe der Subventionierung in so vielen Bereichen jemals vorhanden sein wird ist fraglich.
Danke für die hervorragende Ergänzung! :)
Ich finde es moralisch schwer vertretbar, sämtliche Waren und Dienstleistungen in „wichtig” und „nicht wichtig” einzuteilen. Das geht eben nur rein subjektiv, die Gefahr, dass Ideologie dabei eine Rolle spielt ist mir viel zu groß.
Beweist Christian ja freundlicherweise auch gleich selbst, indem er horrende Steuern auf Energie in Ordnung findet, auch wenn völlig klar ist, dass Energie genauso überlebenswichtig ist wie Brot.
Warum denn also nicht einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz einführen und HartzIV-Sätze entsprechend anpassen? Alles andere wird mittel– und langfristig sowieso nur dazu führen, dass ständig dran rumgeschraubt wird und dauernd tolle Begründungen gesucht und gefunden werden, warum dieses oder jenes vielleicht auch ermäßigt werden sollte. Dabei Gerechtigkeit und Vernunft gleichermaßen walten zu lassen, ist völlig unmöglich. Für einen Arbeitslosen wäre beispielsweise eine geringere Mehrwertsteuer auf seine Telefonrechnung und das für den eventuellen Job benötigte Auto viel wichtiger, als dass er ein paar Cent spart, wenn er sich Schokolade kauft.
„Dabei Gerechtigkeit und Vernunft gleichermaßen walten zu lassen, ist völlig unmöglich. Für einen Arbeitslosen wäre beispielsweise eine geringere Mehrwertsteuer auf seine Telefonrechnung und das für den eventuellen Job benötigte Auto viel wichtiger, als dass er ein paar Cent spart, wenn er sich Schokolade kauft.„
Zwei Sätze in einem Absatz unterzubringen, die sich eklatant widersprechen. Dazu noch ein schräges Bild: schokosüchtige dauertelefonierde automobile Arbeitslose– verbringe mal einen Vormittag auf dem Amt, damit Du weißt, dass das im Allgemeinen Unsinn ist.
Bemerkenswert :-(
Ist ja toll, dass das „Transfergeld” (=Almosen) angepaßt werden soll-warum überhaupt eine Mehrwert-Steuer (aka Umsatzsteuer)?
Es zahlt eh nur der Käufer, alle anderen ziehen sie ab– durchlaufender Posten…
Insofern stimmt es schon, es sind Vorurteile, die die KonsumentInnen steuerlich unterschiedlich „abstrafen”.
Zu dem Beispiel mit dem KFZ– das ist a) bei der Anschaffung teuer– richtig– aber b) in erster Linie, wenn man es benutzt– halbwegs ökologisch vielleicht über einen Zeitraum von 10, 15 Jahren– da kommt schon Einiges mehr an Benzin, Ersatzteilen und Reparaturkosten (USt 7% auf Dienstleistungen?) zusammen, als das Auto initial gekostet hat– insofern wäre auch ein Nachdenken über Folgekosten, die neue gesellschaftlich notwendige Arbeit schaffen, eine Idee (reparaturanfälliges Produkt wie KFZ= niedrige oder keine USt.).
Wie wäre es mit einer generellen Absenkung auf 7% und einer Millionär-Steuer von 7% zum Ausgleich? Einfach zu merken und in Bezug auf legale Einkommen (inkl. Grundbesitz etc. und dessen Erträge) einfach umzusetzen (wenn mehr SteuerprüferInnen und Wirtschafts-JuristInnen, z. B. bei den Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften und den Wirtschaftsstrafkammern, eingestellt würden).
Achnee, das ist ja wieder der „böse Staat”, der uns alle reglementiert und der Freiheit beraubt– die einen darben bei Katzenfutter-Gulasch (7% USt) im Halb-Dunkel des Neonreklamen-Scheins im Hinterhof-Kellereingang, während die anderen sich augenzwinkernd und laut lachend im Golf Resort mit Veuve Clicquot
(Champagner Veuve Clicquot Brut Nebukadnezar
€1.999,00 neu — .…)
zuprosten, weil sie vergleichsweise wenig oder gar keine Steuern zahlen.
Im 19. Jahrhundert wurde mal propagiert, in solche Treffen von Reichen einfach Bomben reinzuwerfen (Johann Most)
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40831328.html
http://www.sgipt.org/galerie/rs/DCUSP/Anarcho/Anarchos.htm
Weit weg sind wir gesellschaftlich davon nicht mehr. Mal sehen, wie groß das Geschrei ist, wenn der relative innenpolitische Frieden in diesem Land Geschichte ist.
Also eigentlich habe ich gemeint, dass Auto und Telefon bei der Jobsuche einfach entscheidender sind, als Schokolade. Ich weiss sehr wohl, wie sich auf gewissen Ämtern verbrachte Nachmittage anfühlen — aber pflege ruhig deine Vorurteile.
Das sich eine dermaßen drastische Mehrwertsteuersenkung durch eine höhere Vermögenssteuer für Millionäre ausgleichen ließe, glaube ich nicht.
@Jan:
ersteres– ist nun mal ein Klischée, da ich Leute nicht verstehen kann, die ihren eigenen / Schicht-/ Klasseninteressen zuwider handeln (z. B. ALG2-Empfänger in der FDP). Aber es soll ja bei der Linkspartei angeblich auch ein, zwei Millionäre geben.
Zweitens:
Das ist keine Glaubensfrage:
laut wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Million%C3%A4r
gibt es in Dt. ca. 826.000 Dollarmillionäre– also Personen, deren Bar– und sonstige Vermögens mindestens eine Million-US-Dollar beträgt– ziehen wir also 26.000 ab, die grade so nicht Euro-Millionäre sind (ist auch einfacher zu rechnen).
800.000
x 70.000
= 56.000.000.000 US Dollar (=ca. 50 Millard. EUR)
Diese Berechnung ist natürlich vom Typ „Milchmädchen”, da es ach Personen wie Frau Quandt und die Gebrüder Albrecht (ALDI) mit Vermögen deutlich jenseits der Milliarden EUR-Grenze.
Nach
http://www1.bpb.de/wissen/TQ0PLW,0,0,Steuereinnahmen_nach_Steuerarten.html
beträgt das Steueraufkommen durch die Umsatzsteuer allerdings ca. 169 Mrd. EUR.
Angesichts obigen Aspekts– Ungleichverteilung bei denen, deren Vermögen über 1 Mill. EUR beträgt, könnte durchaus jede USt. zugunsten einer 7% Vermögensteuer abgeschafft werden– und erst recht auf generell 7% festgelegt werden.
Glauben hängt auch manchmal davon ab, in welche Richtung „man” gehen will.
Ja, so hat jeder so seine Verständnisprobleme. Ich habe meins schon dort wo andere wildfremde Menschen versuchen in irgendwelche „Klassen” einzuteilen, so etwas deckt sich einfach nicht mit meiner Lebenserfahrung.
Jedenfalls setzt deine Idee doch wohl voraus, dass die Zahl der Millionäre sich nicht verändert. Das ist eine eigentlich noch milchmädchenhaftere Vorstellung als die Rechnung an sich. Von der Idee her spricht ja trotzdem einiges dafür, die Mehrwertsteuer in Teilen durch andere Steuern zu ersetzen und sie damit endlich etwas gerechter zu gestalten.
@nordstadt
Ich glaube da läuft etwas durcheinander. Abgesehen davon, dass es sich bei der Rechnung wirklich im eine „Milchmädchenrechnung” handelt, wäre durch eine „Millionär-Steuer” eine generelle Absenkung des USt-Satzes auf 7% nicht zu finanzieren.
Die Erträge des Millionärs werden ja schon jetzt versteuert — und zwar ab ca. 250.000 Euro mit dem Spitzensteuersatz (Grenzsteusersatz) von 45%. Abgeltungsteuer aus Kapitalerträgen jetzt mal ausgeklammert.
Die oben beschriebene und berechnete „Millionär-Steuer” wäre eine zusätzliche Substanzsteuer, über die man generell streiten könnte, da hier nicht der Wertzuwachs, sondern die Substanz (z.B. Gebäude, Finanzanlagen) besteuert wird. Bei 7% wäre sicherlich innerhalb kürzester Zeit 99% des Kapitals ins Ausland verbracht. Das würde ja bedeuten, dass innerhalb von 14,29 Jahren (100÷7) kein Millionär mehr über einer Million hätte (auch stark vereinfacht gerechnet). Ich halte schon die von der SPD diskutierte Vermögensteuer von 1% auf Vermögen über 1 Mio. für grenzwertig (wie das BVerfG auch).
Fazit: Die USt kann so einfach nicht ersetzt werden. Da wäre schon eine komplette und mindestens europaweite Steuerreform aller Steuersysteme und –arten (ESt, KöSt, GewSt, GrStG usw.) erforderlich. Das wäre aber sicherlich mal ein spannendes Projekt — und sollte überparteilich durchgeführt werden!